
Action, Politik und Klamauk
Kurz vor Jahresende noch schnell einen der angeblichen Oscar-Kandidaten anschauen: One Batlle after Another von Paul Thomas Anderson.
Aktivisten, die zunächst eher wie Clowns daher kommen, viel Lärm machen, Feuerwerke zünden, aber weit weg scheinen, von dem, was man sich so unter Terroristen vorstellt. Ein alter, hochrangiger Soldat mit deutlichem Rassismusproblem und trotzdem– oder deswegen?– einer sexuellen Obsession für schwarze Frauen und ein Staat, in dem diese explosive Mischung schnell eskalieren kann. Das sind, zumindest für den Anfang, die Ingredienzien dieses wilden, absurden, actiongeladenen Films.
Aber das ist eben nur der Einstieg.
Ein Kind wird geboren, es könnte Ruhe einkehren, statt dessen eskaliert die Lage. Nach einem missglückten Banküberfall, kommt es doch zu einem Toten, die Aktivistengruppe wird von Polizei und Armee, auch durch Verrat, weitgehend zerschlagen.
Bereits in dieser Anfangsphase zeigt der Film ein hohes Tempo, energiegeladen, rhythmisch, wild, ohne dabei hektisch zu werden.
16 Jahre später

Die nicht gefassten Aktivisten leben zurückgezogen oder sind untergetaucht.
Das Kind ist eine Teenagerin, lebt alleine mit dem Vater, der hauptsächlich im Joint- und Alkoholnebel vegetiert. Ein loses Warnsystem verbindet die verbleibenden Gruppenmitglieder.
Haben bis dahin bereits Bilder und Rhythmus begeistert, drehen jetzt die beiden Opponenten, versoffener Aktivist/Vater und rassistischer General voll auf.
Leonardo Di Caprio und Sean Penn zeigen, was brillante Schauspieler können.
Mit kleinen Gesten, Ticks, Blicken, die alles sagen, Bewegungen, die den gesamten Charakter einer Figur definieren, und einer Geschichte, die immer weiter an Tempo und Wahnwitz aufnimmt, entsteht eine Spannung, die einen in den Kinositz drückt.
Penn, der Soldat, der seinen Rassismus eine Stufe weiter tragen will und einem Club widerwärtiger Rassisten beitreten will, versucht die vermeintlichen „Sünden“ seiner Vergangenheit auszulöschen, koste es was es wolle. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt. Di Caprio, der Vater, der die geheimen Codewörter im entscheidenden Moment nicht mehr weiss. Die Tochter, die sich in Sicherheit glaubt, der Soldat, der mit jedem Schritt irrer und gewalttätiger zu werden droht. Dazwischen, als eine Art Bonus, als clownesker Deus es machina: Benicio del Toro!
Bei aller Spannung und Rasanz bleibt dennoch immer Raum für absurde Komik, für Situationen, kleine Momente, in denen im Kino laut gelacht wird. Und trotz aller Grausamkeit der Geschichte hält sich die gezeigte Brutalität im Rahmen. Zumindest verglichen mit einem Tarantino-Film.
Preiswürdig

Ob der Film, mit dieser doch recht offensichtlichen politischen Haltung, wirklich einen Oscar gewinnen kann, bleibt fraglich. Eher werden es Preise für Darsteller, Kamera oder Schnitt werden. Das wäre weniger verfänglich, aber auf jeden Fall verdient.
Verdient auch, weil One Battle After Another so ganz das Gegenteil dessen ist, was angeblich gerade gefragt ist:
Er ist lang, 161 Minuten, keine davon zu viel.
Er ist schnell, auf eine fast altmodische Weise.
Die hervorstechenden Figuren sind zwei alte Männer und er wurde, altmodisch, analog gedreht.
Wer den Film noch sehen will, im Votiv Kino läuft die Originalversion.