#FilmSchnitt

Was bleibt

christine dériaz (c) karin straka

Vor mehr als 30 Jahren hatte ich meinen ersten Ausbildungstag im Schneideraum, es war ein Filmschneideraum wie viele damals, ein 16 mm 6-Teller Steenbeck- Schneidetisch und ein 4-Teller Tisch zum Sichten, Anlegen, Reste sortieren.
Im Wesentlichen bestand meine Arbeit in den ersten Wochen daraus Tonreste zusammenzukleben, damit sie danach erst in die Löschdrossel und dann als Tonstatisch zurück an den Schneidetisch konnten. Und auch wenn das alles andere als spannend klingt, war ich begeistert. Ich hatte meine Hände an dieser unglaublichen Maschine, ich habe Abends Freunden Bildchen gezeichnet, wie der Ton, das Bild einzulegen sind, wie die Räder ineinander greifen, kurz: Es war klasse.

Irgendwann hiess es, ich solle doch aus den Resten am Galgen, bevor ich sie wegwerfe, mal etwas zusammenschneiden. Einen ganzen Tag habe ich damit verbracht und am Ende hatte ich einen 16 Sekunden Clip. Das ist viel Zeit für wenig Film, zugegeben. Aber ich hatte eine Idee, eine Vision von dem was ich erzählen wollte, und ich hatte buchstäblich nur den Müll vom Galgen, keine Reste, keine ganzen Einstellungen, nichts.

Am Ende hatte ich das, was ich mir vorgestellt hatte, ich hatte meinen Rhythmus gefunden und etwas erzählt, egal wie kurz.

Heute bekomme ich mein Material von diversen Datenträgern, ich kann es nicht mehr anfassen, und manchmal möchte ich es, leise, nur für mich, als Müll bezeichnen.
Was aber geblieben ist, ich habe eine Idee, eine Vision und das Material, das eine real existierende, eher unveränderbare Grundlage ist. Und am Schluss muss und will ich diese beiden, manchmal sehr divergierenden, Einheiten zusammengebracht haben.
Am Ende finde ich meinen Rhythmus, um mit dem Material meine Idee, meine Vision zu erzählen.
Das bleibt.

 

Nicht 16 Sekunden, sondern knapp 50 Sekunden:
la magie du montage
Entstanden für den Wettbewerb Locarno#70
Idee, Bild und Schnitt: Ch.Dériaz
Musik: Florian Lachinger