Filmland Schweiz
Die 58. Solothurner Filmtage unter neuer künstlerischer Leitung, nach einem Jahr mit Zwischenlösung, dieses Jahr also mit neuem Gesicht: Niccolò Castelli, Journalist, Drehbuchautor und Regisseur, und jetzt künstlerischer Leiter in Solothurn.
Eine Woche lang werden Kurz- und Langfilme das Schweizer Filmschaffen zeigen, wenn man ins Programm schaut, findet man dort sowohl Trash-Gemetzel als auch politische Dokumentarfilme, das kann spannend werden.
Konkurrenz und schlechtes Wetter
Jedes Jahr findet parallel zu den Solothurner Filmtagen auch das Weltwirtschaftsforum in Davos statt. Und wie jedes Jahr sollte trotzdem Bundesrat, dieses Jahr auch Bundespräsident, Alain Berset persönlich zur Eröffnung kommen. Sollte, denn das Winterwetter macht die Hin- und Rückreise aus Davos dieses Jahr unmöglich. Es gibt also nur eine Videobotschaft, und in Vertretung die Leiterin des Bundesamtes für Kultur.
Diese Besuche mögen vielleicht nicht nach viel klingen, oder nur nach: „da mag jemand gern zwischen Filmleuten sein“, aber bei genauer Betrachtung zeigt es den Stellenwert, den die Schweizer Politik dem heimischen Film beimisst, als Kunstform und als Wirtschaftszweig.
Ein Zeichen, das man nicht unterschätzen sollte, denn Kunst braucht Geld und Unterstützung, auch in Form von Förderung.
Zur Eröffnung betonten alle, wie wichtig nicht nur Filme heute sind, sondern das Filmschauen, und zwar im Kino, in Ruhe, im Austausch, unabgelenkt, wodurch man – paradoxerweise – der allgegenwärtigen Bilderflut entkommen kann, indem man Bilder anschaut.
Freiheit und Demokratie
Auch wenn jedem bewusst ist, dass in nächster Nähe Krieg herrscht, geraten manche, nur scheinbar kleinere, Kämpfe in der Nachbarschaft in den Hintergrund.
In Belarus zum Beispiel herrscht seit den 90er Jahren Präsident Lukaschenko uneingeschränkt und diktatorisch, unwidersprochen bleibt das vor Ort allerdings nicht. Der Eröffnungsfilm This Kind Of Hope von Pawel Siczek zeigt den unermüdlichen Kampf und oppositionellen Widerstand gegen den Machtmissbrauch. Über fast 30 Jahre zieht sich der Dokumentarfilm, am Anfang steht die Einigung Russlands, Weissrusslands und der Ukraine, die Sowjetunion zugunsten dreier unabhängiger Staaten zu teilen. Aber kurz darauf wird Lukaschenko zum Präsidenten gewählt und beginnt den neuen Staat in die bis heute existierende Diktatur zu verwandeln.
Protagonist des Films ist der Oppositionelle Andrei Sannikov, der als Diplomat bei der Umstrukturierung der Sowjetunion schon dabei war, im Weiteren aber in die Opposition ging, dafür eingesperrt und gefoltert wurde und jetzt in Polen im Exil lebt, und von dort weiterhin für die Freiheit und Unabhängigkeit seiner Heimat arbeitetet. Der Film zeigt in Archivbildern die Geschichte seit den 90er Jahren und parallel die Geschichte Sannikovs und dessen Familie. Das ist sehr interessant, aber auch ziemlich anstrengend. Aber schlussendlich funktioniert die Mischung aus Politik und Privatleben, einfach, weil man vor dem Hintergrund des Grossen einen persönlichen Bezug findet, dem man folgen kann.
Der Film bekam nicht nur viel Beifall, sondern auch stehende Ovationen. Möglicherweise wurde da auch stellvertretend für alle, die in der Region für Freiheit und Unabhängigkeit kämpfen, applaudiert, aber das soll den Erfolg des Abends nicht schmälern.
Gesellig
Bei Wein und Häppchen im Anschluss merkt man nicht mehr, dass vor Kurzem ein Virus die grösste mögliche Bedrohung war, es darf auch hier wieder uneingeschränkt und gesellig gefeiert werden.