Die Zukunft des Kinos?
Im Rahmen des Festivals gab es eine weitere sehr interessante und lebhafte online Diskussion, diesmal zum Thema: Wieviel ist ein Filmstart wert?
Es diskutierten Kinobetreiber, Streamingdienstanbieter, Produzenten, aber auch eine Vertreterin des Bundesamts für Kultur über nichts Geringeres als die Zukunft der Ausspielmöglichkeiten für Kinofilme.
Kino, Streaming oder beides?
Nicht erst seit dem sogenannten Lockdown stellt sich die Frage nach Streaming oder Kino.
Dabei ist das eigentlich die falsche Frage, es muss viel mehr gefragt werden wie weit können Streaming und Kinoauswertung voneinander profitieren und dabei die Filmindustrie als solche stützen und Zuschauer halten oder sogar gewinnen?
Dass dieses Problem nicht mal eben gelöst werden kann ist schnell klar. Weil es eben nicht um ein simples Polarisieren geht, es ist auch nicht die Frage, ob Kinos altmodisch sind und streamen modern ist.
Ins Kino gehen oder Film anschauen?
Eine Tatsache ist, ins Kino gehen ist nicht dasselbe wie einen Film anschauen.
Auch wenn im Kino natürlich ein Film angeschaut wird, ist der Gang ins Kino eine komplexe Form der Freizeitgestaltung, deren Erfolg – also auch der persönliche Lustgewinn – hängt auch keineswegs nur vom ausgewählten Film ab.
Die Kinoatmosphäre, die Begleitung, das Drumherum spielen eine nicht unwesentliche Rolle. Und gute Kinos funktionieren dann am besten, wenn sie eingebunden sind in einen Lebensraum, also Innenstädte zum Beispiel.
Aber Kinos, besonders Programmkinos, bieten eben auch durch ihre Filmauswahl, man könnte es auch hochtrabend, durch das Kuratieren eines Programms nennen, etwas an. Und hier kommt eine erste Möglichkeit ins Spiel, wie digitale Ausspielwege und Kinos koexistieren könnten.
Kinos als Programmierer von E-Kinosälen
Die Idee wäre, dass den Kinobetreibern das Werkzeug an die Hand gegeben würde, Filme, die sie auch im realen Saal zeigen, im Anschluss in einem digitalen Saal zu vertreiben, mit einer Aufteilung des erzielten Gewinns zwischen dem jeweiligen Kino und den Plattformbetreibern. Über Zeiten und Preise müsste natürlich auch diskutiert werden.
Video on Demand
Der nächste Schritt wäre die Auswertung als Video on demand, wodurch die Auswahl zeitlich noch etwas unabhängiger würde, die Preise günstiger sein könnten, da es sich dabei nicht mehr um ganz neue Filme handeln würde.
Bei diesen, wie auch bei vielen anderen denkbaren Wegen, bleiben zwei Punkte ganz wesentlich, dass einerseits der Film als kulturelles Medium erhalten bleibt, weil er erhaltenswert ist und zum anderen, dass alle Dienste Bezahlmodelle sein müssen. Kein Wirtschaftszweig arbeitet gratis, auch die Filmwirtschaft nicht.
Koproduktionen
Was im Hinblick auf internationale Koproduktionen natürlich dringend geklärt und aktualisiert gehört, und da ist die Kultur- und Wirtschaftspolitik gefragt, sind die von Land zu Land verschiedenen Rechtemodelle und Garantien auf den sogenannten hold back, also das Verbot Filme vor einer Saal-Auswertung online zu zeigen.
Den richtigen Film finden im Angebot
Um Filme an den Zuschauer zu bringen wird aber immer auch Werbung in der einen oder anderen Form nötig sein. Es reicht nicht „alle“ Filme auf eine Plattform zu stellen, und dann zu glauben, dass sie auch alle angeschaut werden. Wer Fernsehen mit 60 (oder mehr) Programmen kennt, weiss dass davon die Auswahl nicht leichter wird. Auch hier wäre eine Zusammenarbeit von Produktionen, Vertreibern, Kinos und Kulturvermittlern (wie zum Beispiel Journalisten) nötig, um einen Weg durch die Menge überhaupt gangbar zu machen.
Das Thema muss behandelt werden, von Menschen mit Liebe zum Film, zum Kino und mit dem Wissen das alles auch an den Zuschauer weiterzugeben.
Die wirklich spannende Diskussion kann noch online angeschaut werden. Allerdings sollte man, es war eine Schweizer Runde, sowohl Deutsch als auch Französisch verstehen, denn jeder Antwortete in seiner Sprache.
Auch das ist Locarno.