57.Solothurner Filmtage weiter

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Zum Frühstück

 

Mal eben so zwischen Kaffee und Croissant die Filme für den kommenden Tag reservieren, das klingt an sich wie ein guter Plan. Dumm nur, dass die festivaleigene App nach einem unklaren Muster den Dienst verweigert. Die Theorie sagt, ab 8:30 kann man für den Folgetag reservieren, die App weigert sich bei drei von vier Vorstellungen zu akzeptieren, dass man eine Akkreditiertennummer hat, sprich: reservieren unmöglich. So verbringt man am Frühstückstisch Zeit mit erfolglosen „Handyspielen“ – ärgerlich.
Nur gut also, dass in diesem Jahr doch etwas weniger Gäste da sind, denn in anderen Jahren hatte man oft 10 Minuten nachdem die Filme freigeschaltet waren, schon keine Chance mehr auf einen Platz.

 

Biographie, künstlerisch

 

Hugo in Argentina von Stefano Knuchel ist für die frühe Mittagszeit ordentlich besucht. Der Film, zweiter Teil einer – geplanten -Trilogie über den italienischen Comiczeichner Hugo Pratt will insgesamt zuviel. Pratt selbst erscheint als Stimme im Off, erzählt von seiner Zeit in Argentinien in den 50er und 60er Jahren, einer Zeit, die er als Ende seiner Jugend erlebt, als wild, suchend und überbordend. Die Bildebene kombiniert Photos, Privatfilme und sehr künstlerisch gestaltet Räume und Orte miteinander. Manchmal entsteht so etwas wie eine Comicseite, wenn zwei verschiedenen Filmbilder wie Vignetten sich die Leinwand teilen. Das alles ist sehr schön anzusehen, auch die Zeitzeugen Interviews finden in künstlerisch gestaltetem Ambiente statt, aber über die Länge des Films geht einem als Zuschauer die Puste aus, oder die Aufmerksamkeit schwindet. Im letzten Drittel des Films gibt es dann obendrein einige falsche Enden, man hofft auf den Abspann, aber nein, der Film legt noch eine weitere Facette auf.

Pausen

 

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Die verschiedenen Massnahmen zum Schutz vor Ansteckung führen zu eigentümlichen Bewegungsmustern zwischen den Filmvorführungen. In der Hälfte der Kinos gibt es keine Möglichkeit sich zwischen den Filmen aufzuhalten, also raus in die winterliche Kälte. Die Solothurner Wirtschaft wird es freuen, denn gegen die Kälte hilft dann nur noch der Aufenthalt in einem der Cafés oder Lokale.

 

Ernstfall spielen

 

Die Schweiz hat keine Berufsarmee, dafür werden ehemalige Rekruten regelmässig zu Wiederholungsübungen gerufen, eine solche Übung beobachten die Regisseure Mateo Ybarra und Raphaël Dubach in Lux.
Das Szenario: eine potenzielle Bedrohung durch eine antikapitalistische Terrorgruppe in der Nähe des Genfer Flughafens. Im Gegensatz zu Bildern von Soldaten, die man aus Filmen kennt, nehmen sich die Bürger-Soldaten aus wie eine Schülertheatergruppe. Wirklich ernst nimmt keiner die Übung, erst als sie mehr als 19 Stunden Wachdienst durchziehen müssen, vergeht ihnen für einen Moment das Lachen. Der Film hat viel Witz und Charme, der Ernstfall wird gross inszeniert, während das ganze sauber dokumentarisch gefilmt, wird, das ergibt eine eigenwillige Spannung. Als Vorfilm zeigt Action von Bennoît Monney ein Filmset kurz vor dem totalen Kollaps. Durchgedreht in einer Einstellung ist der Film ein kleines Meisterwerk der Planung und ein riesiger Spass.

 

 

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Rotlicht

 

Kein aktueller Film, sondern ein Film von 1980 aus der Programmschiene Fokus: Simone Barbès ou la vertu von Marie-Claude Treilhou.
Absurdes Theater aufgeführt in den engen Räumen des Pariser Nachtlebens. Zwei Platzanweiserinnen in einem Pornokino, die eher gelangweilt ihrem Job nachgehen, unbeeindruckt von den merkwürdigen Kinobesuchern und dem Stöhnen aus den Kinosälen. Ihre Gespräche drehen sich um Partner, oder um Klatsch und Tratsch aus der Nachbarschaft. Nächste Station, eine Lesbenbar, in der eine der Platzanweiserinnen ihre Freundin besucht. Auch hier, herrscht wüste Theatralik, übertrieben, skurril, rot-bunt. Der letzte Akt ist eine lange Autofahrt durch die Nacht, reduziert in den Farben, nicht weniger schräg in den Dialogen. Ein Film voller philosphischer Schönheit mitten im schmutzig grellen Nachtleben.

 

Mehr Biographisches

 

Und noch eine Künstlerbiographie – diesmal erwischt es den Pantomimen Marcel Marceau in L’art du silence von Maurizius Staerkle Drux.
Das Störende zuallererst: Ein Film, der sich mit der Kunst der Stille beschäftigt, mit Pantomime, mit der Vermittlung von Gefühlen mittels Körperarbeit, sollte mehr Vertrauen in genau diese Kunst haben. Aber gleich die erste Szene, mit einem Ausschnitt aus Marceaus Bühnenprogramm, ist mit Musik unterlegt und raubt so viel von der Kraft und Magie, die doch gezeigt werden wollte. Leider geht das den ganzen Film so weiter. Darüber hinaus zeichnet der Film sehr umfassend das Leben und Werk des Pantomimen, verknüpft Archivaufnahmen mit Erinnerungen seiner Familie, und findet schöne Bilder, um Verbindungen zwischen dem Damals und dem Heute zu schaffen.
Stille auszuhalten, auch im Film, auch im Kino, muss man sich trauen, und auch das ist eine Kunst. Dem Premierenpublikum hat es, dem Applaus nach zu urteilen, trotzdem gefallen.

 

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