#FilmTipp Everything Everywhere All at Once

 

(c) ch.dériaz

 

 

Wieviele Welten

 

Hinter jeder getroffenen Entscheidung verbirgt sich – mindestens – eine Entscheidung, die man verworfen hat.
Was also, wenn alle diese ungenutzten Möglichkeiten eine eigene, parallele Welt generierten, in denen die verworfenen, nicht getroffenen Entscheidungen,
getroffen wurden? Everything Everywhere All at Once von Daniel Scheinert und Daniel Kwan spielt die multiplen Möglichkeiten durch.

 

Frechheit siegt

 

Ausgangspunkt ist eine chinesischstämmige Familie in den USA. Das Ehepaar betreibt einen Waschsalon, der mehr schlecht als recht läuft, der alte Vater muss mitbetreut werden und die Teenager-Tochter ist lesbisch. So weit bieten sich vielfältige Variablen, aus denen Stoff für Stress und Komik geholt werden können.
Auf dem Weg zum Finanzamt mischt sich dann aber die erste neue Spur in die Geschichte: ein Paralleluniversum, das dringend Hilfe braucht.
Ab da wird der Film mit jeder Wendung wilder, mischt asiatische Kampfkunst mit Science Fiction, Komik mit Spannung, persönliche Befindlichkeiten mit philosophischen Fragen.
Das funktioniert mittels rasanter Schnittfolgen, in denen in der Bewegung von Welt zu Welt gesprungen wird. Visuelle Spielereien, kurze Animationssequenzen inklusive, treiben das Spektakel auf die Spitze.
Ehefrau und Tochter werden zu zentralen Figuren des Verwirrspiels, die die Geschichte vorwärtspeitschen, aber gleichzeitig agieren und reagieren müssen.
Die Frage, „wer bin ich wo?“, hat viele Antworten. Oder auch nur eine.

 

Loslassen

 

(c) ch.dériaz

Genau wie die Figuren muss man als Zuschauer loslassen. Versuche, sich dauernd zu orientieren, aufgeben, geschehen lassen, treiben lassen und das Spektakel geniessen.
Eine gewisse Freude an choreographierten Kampfszenen kann dabei natürlich nicht schaden, und das bisschen moralisches Pathos geht dann auch in Ordnung.
Die Mischung all dieser verschiedenen Genres hätte eine unverdauliche Suppe ergeben können, statt dessen ist ein extrem cooler, witziger Film daraus geworden.

 

Originalversion

 

Mehr als sonst gilt die Empfehlung, diesen Film in seiner Originalversion zu sehen, denn auch der Wechsel von einer Sprache zur anderen spielt eine dramaturgische Rolle und wird als Ausgangspunkt für Spässe mit den handelnden Figuren genutzt.

Im Original läuft der Film in Wien in folgenden Kinos:
Votiv, Filmcasino, Gartenbau, Artis

 

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