Filmclub 813 droht das Aus

 

Filmclub 813 Programm
(c) frédéric dériaz

 

Der Mensch will unterhalten werden


Nicht jeder Mensch auf die gleiche Art und Weise, des einen Tatort ist des anderen Pulp Fiction, ist des nächsten Rudolf Thome oder Jean-Luc Godard.
Popcorn-Kino, Fernsehen, Streaming, Programmkino, oder Filmclub – das Programmkino des Programmkinos –, alles hat seinen Platz, seine Zuschauer, seine Berechtigung.
Und gerade jetzt, wo es allen Kinos ohnehin schwerfällt zu überleben, wo häufig wechselnde Hygienevorschriften für immer neue Akrobatikübungen bei der Zuschauerverwaltung bedeuten, gerade jetzt droht dem renommierten Kölner Filmclub 813 das Aus.

 

Eine kölsche Institution

 

(c) frédéric dériaz

Der Filmclub 813 formierte sich 1990, seit Januar 1991 werden regelmässig Filme gezeigt.
Man mag von Köln denken was man will, aber was unbestritten ist, ist die rege, bunte und rührige Kölner Filmszene, unabhängige, renitente Herzblutfilmemacher, die regelmässig bei Filmfestivals von sich reden machen. Aus diesem Biotop heraus muss man auch den Filmclub 813 sehen und verstehen.
Gezeigt wird Schräges und Rares, Abseitiges, aber auch Bekanntes. Dank einer exzellenten Vernetzung mit andern Filmclubs europaweit, können diese Perlen des Filmgeschehens immer wieder gezeigt werden, seit 30 Jahren. Und nicht von Ungefähr wurde der Filmclub mehrfach für seine Programmierung als Regionalkino ausgezeichnet.

 

Analog und ungeschönt

 

Kölnischer Kunstervein, Die Brücke
(c) frédéric dériaz

Nach anfänglich wechselnden Spielorten, ist seit 1995 das denkmalgeschützte Haus (Wilhelm Riphahn, 1950) in der Kölner Hahnenstrasse der ständige Standort des Filmclubs.
Und da beginnt nun das Problem. Anfangs teilte sich der Filmclub das Gebäude mit dem British Council, seit 2003 mit dem – auch renommierten – Kölnischen Kunstverein.

(c) frédéric dériaz

Kunst und Kultur in einem Haus, das sollte doch funktionieren, möchte man meinen.
Tut es aber nicht, und das aktuelle Streitkapitel ist eine fristlose Kündigung des Filmclubs durch den Kunstverein!

 

 

Ein Kino ohne Kinosaal?

Klarerweise geht das gar nicht.
Man kann ein, überwiegend, analoges Programm auch nicht einfach online ins Netz verlegen. Kinos wie der Filmclub 813 brauchen noch mehr als andere den Austausch, das Publikum, das Gespräch, auch wenn nur 20 % der Plätze besetzt werden dürfen.
Es braucht also dringend eine Lösung, eine, die die verhärteten Fronten wieder in Bewegung bringt, eine, die ein wichtiges kulturelles Juwel am Leben lässt.
Zurzeit ist die fristlose Kündigung ausgesetzt, die Anwälte verhandeln, und es gibt einen offenen Brief, den man unterschreiben kann.

Gerade in Köln sollte das Motto: Leben und leben lassen auch für diesen Fall gelten.

(c) frédéric dériaz

#insKino Gartenbaukino, Wien

                               Grosses Kino

Parkring 12 (c) ch.dériaz

Wer sich unter Programmkino einen eher kleinen, „handgestrickten“ Betrieb vorstellt, kennt das Wiener Gartenbaukino noch nicht.
Das Kino ist nicht nur gross, sondern auch ein Stück Kinogeschichte, ein Kinodenkmal der 1960er Jahre.

Gartenbau Eingang (c) ch.dériaz

An derselben Stelle am Parkring 12 stand bereits 1919 ein Kino. Das Gartenbaukino, in seiner jetzigen Form, feierte seine Premiere – man gab Spartakus in Anwesenheit von Kirk Douglas – 1960 dann im Neubau und ist seitdem seinem Stil treu geblieben.

 

Schon im Eingangsbereich wähnt man sich in einer Zeitschleife, bunt gekachelte Wände, rot gepolsterte Sofas, eine mächtige Treppe, die in den Barbereich führt, ein langer Gang, wie in einem Stadion, um in den Saal zu kommen.

 

 

Der Saal fasst heute 736 Besucher und wirft einen noch ein Stück tiefer in den seltsamen Charme der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein.

 

 

Tarantino analog schauen (c) ch.dériaz

Das alles sind aber natürlich nur Randbemerkungen, denn das Kino bietet nicht nur moderne, digitale Abspieltechnik, sondern kann Filme sowohl in 35 mm als auch in 70 mm analog projizieren.
Monumentalfilme wie 2001: A Space Odyssey und Westside Story wurden in 70 mm gezeigt, sowie Tarantinos The H8teful Eight, in der 70 mm Roadshow-Version. Sein aktueller Film Once upon a time … in Hollywood wird in 35 mm vorgeführt.
Selbstredend laufen alle Filme in Originalversion.

Das Gartenbaukino ist nicht nur Programm-, sondern auch Premieren- und Festivalkino (Viennale und /Slashfilm), es ist DAS Kino um grosse „Schinken“ zu sehen oder wiederzusehen.

Grosse Schinken schauen (c) ch.dériaz

 

Gerade gab es, allerdings nur genau zweimal, die letzte Version von Apocalypse Now – The Final Cut zu sehen, mächtig, laut, immer noch beeindruckend und in diesem Saal perfekt in Szenen gesetzt.

 

 

Und wer für Kinofilme wirklich nichts übrig hat, kann immer noch, während der Hauptfilm läuft einfach die Bar besuchen.

#ichgehinsKino: Gartenbaukino