Filmfestivals suchen alternative Wege
Die ersten Festivals, die aufgrund des Virus und der daraus folgenden Kontakt- und Versammlungssperren, abgesagt werden mussten, waren noch zaghaft mit dem Zeigen des Programms im Internet. Mittlerweile ändert sich das stark.
Festivalleiter suchen nach Wegen und Möglichkeiten ihre sorgsam ausgewählten Programme doch auf die eine oder andere Art an den Zuschauer zu bringen.
Der schweizer Weg
Das Dokumentarfilmfestival Visions du Réel hätte am 17. April seine 51. Ausgabe starten sollen. Statt aber im schweizerischen Nyon Filme in Kinos zu schauen, stellt das Festival das gesamte Programm online auf seiner Webseite zur Verfügung.
Die 14 internationalen Dokumentarfilme sind vom 25. April bis 2. Mai online zu sehen, die 13 nationalen (also schweizerischen) Dokumentarfilme sind vom 17. bis 29. April online. Die Burning Lights Sektion, mit 15 Filmen, die sich einer neuen, experimentellen Filmsprache bedienen, ist vom 25. April bis 2. Mai online.
Und auch die Filme der Regisseurin Claire Denis, der dieses Jahr ein Ehrenpreis zugedacht ist, werden online gezeigt. Wer also so beeindruckende Filme wie Beau travail oder White Material sehen oder wiedersehen möchte, kann das von 17. April bis 13. Juni machen.
Es werden aber nicht nur die Filme für ein hoffentlich grosses, interessiertes Publikum zur Verfügung gestellt, auch die Jury wird ihrer Arbeit nachgehen. Es wird also auch in diesem Jahr prämierte Filme geben. Beides, das Gesehenwerden wie auch der Gewinn von Preisen ist extrem wichtig für die Filmschaffenden und den Fortbestand der Filmindustrie.
Das Programm, mit allen Informationen, Trailern und Filmbeschreibungen ist auf der Festivalseite zu finden.
Der österreichische Weg
In Linz hätte vom 21. bis 26. April die 17. Ausgabe des Festivals Crossing Europe stattfinden sollen.
Unter dem Titel: Das wär’s gewesen präsentiert das Festival sein Programm und unter Crossing Europe 2020 Extracts werden ausgewählte Filme auch hier online zur Verfügung gestellt.
Eröffnung anders
Am 21. April wird es ab 20 Uhr live eine virtuelles Opening geben.
Festivalleiterin Christine Dollhofer wird Livegäste begrüssen und Michael Pfeifenbergers Dokumentarfilm The Linzer Candyboy, über den israelischen Regisseur Linzer Herkunft, Micha Shagrir, wird in Österreichpremiere gezeigt, gefolgt von Musikvideos diverser Linzer Künstler.
Darüber hinaus wird es auf der Plattform KINO VOD CLUB ausgewählte Filme des 2020 Programms ab 21. April für einen Monat zu sehen geben.
Nur einer von vielen, aber eindeutig eine Empfehlung: Ivana Cea Groaznica (Ivana die Schreckliche) von Ivana Mladenović, der in Locarno letztes Jahr mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde.
In Linz wird es vorerst keine Preisträger geben, eventuell werden im Herbst, so es dann wieder „echtes“ Kino gibt, in den Sektionen Local Artists und Kurzfilm, Preise vergeben.
All diese neuen, alternativen Wege können natürlich ein Filmfestival nicht ersetzen, sie sind ein brauchbares Mittel, um die Filmindustrie am Leben zu halten, um Zuschauer zu halten, oder eventuell sogar neue Zuschauer zu erreichen. Aber ein echter Ersatz für den Austausch zwischen Filmschaffenden untereinander und mit ihrem Publikum könne solche Wege nicht sein.
Trotzdem, wer sich schon immer gefragt hat, wie das wohl ist, 4 bis 5 Kinovorstellungen pro Tag, mehrere Tage hintereinander zu besuchen, kann das ja auf diesem Weg mal testen.