#FilmTipp: Bewegung eines nahen Bergs

Bewegung eines nahen Bergs
(c) ch.dériaz

Der Mensch neigt dazu alles in – ordentliche, kleine – Schubladen zu packen.
Auch bei Filmen.
Und während man eine Einteilung wie Kurzfilm oder Langfilm gerade noch verstehen und einsehen kann, ist die Unterscheidung von Spielfilm und Dokumentarfilm nicht immer leicht zu treffen.

Dass das gut so ist, zeigt Sebastian Brameshuber neuer Film:
Bewegung eines nahen Bergs
Seine Uraufführung feierte der Film in Paris als Dokumentarfilm bei Cinéma du Réel, wo er gleich den Grossen Preis erhielt. Bei seiner Österreich Premiere auf der Diagonale in Graz lief er in der Kategorie Spielfilm, wo dann Kameramann Klemens Hufnagel den Preis für die beste Bildgestaltung (Spielfilm) erhielt.

Formal handelt es sich recht eindeutig um einen Dokumentarfilm, auch wenn einige poetisch-mystische Aspekte eingewoben werden.
Mitten in einer desolaten steierischen Landschaft arbeitet der Nigerianische Autowrackhändler vor sich hin, alleine, einsam vielleicht. Es ist schwere, schmutzige Arbeit, ein karges Privatleben, alles in schönen, stimmungsvollen Bilder gezeigt.
Und dann Bilder, die nicht in den Moment zu passen scheinen, Töne, deren Herkunft unklar ist, und Gedanken zu einem mythologischen Berg, zum Verhältnis von Erz und Arbeit.
Es bleibt dokumentarisch, vielleicht experimentell-dokumentarisch, fast verspielt. Dieser Film braucht keine Schublade.
Man kann ihn als Dokumentar- oder als Spielfilm sehen oder einfach als das was er wohl am ehesten ist: eine künstlerische Arbeit, die sich frei von Einteilung auf der Leinwand entfaltet.
Und das ist gut.

Ab Freitag, 27. September läuft der Film im Kino Le Studio in Wien, eine gute Gelegenheit nicht nur einen spannenden Film anzuschauen, sondern auch ein weiteres, neues Wiener Programmkino zu entdecken. Zur Premiere am 27. September ist Sebastian Brameshuber angekündigt.

#FilmTipp: Vom Lokführer, der die Liebe sucht

(c) ch.dériaz

 

 

Herbstbunt, melancholisch, skurril und sehr schön, das wäre die Kurzfassung zu Veit Helmers Film:
Vom Lokführer, der die Liebe sucht.

 

 

 

Ein Film, der ohne Wort, ohne Sprache auskommt und so universell in seiner Originalversion zu verstehen ist.
Ein alter Lokführer, auf seinen letzten Fahrten vor der Pensionierung. Er steuert seinen langen Güterzug, mal durch weite Steppe, mal gefährlich dicht zwischen Häusern durch. Und so wie sich auf Autoscheiben Insekten sammeln, sammelt der Zug beim Durchfahren der engen Stellen immer wieder Dinge auf, mal einen Ball, mal eine Decke, Dinge, die der Lokführer nach Feierabend versucht den Besitzern zurückzubringen. Auf einer Fahrt verfängt sich ein hübscher Spitzen BH in der Lok und verführt den Finder zum Träumen. Kaum in Rente macht sich der Lokführer auf die Suche nach der Besitzerin.
Wie der Prinz mit dem gläsernen Schuh, sucht er nach der Dame, die in den BH passt. Das ist abenteuerlich, schräg, oft witzig, manchmal traurig und gegen Ende sogar lebensgefährlich.
Was den Film so sehenswert macht, ist nicht nur die Geschichte, sondern die Farbkomposition, die zwischen kaukasischer Landschaft, Zug und Gebäuden die Melancholie des Lokführers spiegelt, die zarte unaufdringlich schöne Musik, die mit den Geräuschen das Fehlen von Dialogen vergessen lässt und die ausdrucksstarken Gesichter der Darsteller.
Ein Film, der bezaubert. Ein Liebesfilm mit einem unerwarteten, kitschfreien Ende.

             Vom Lokführer, der die Liebe sucht läuft in Wien im Admiral Kino.

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#insKino Gartenbaukino, Wien

                               Grosses Kino

Parkring 12 (c) ch.dériaz

Wer sich unter Programmkino einen eher kleinen, „handgestrickten“ Betrieb vorstellt, kennt das Wiener Gartenbaukino noch nicht.
Das Kino ist nicht nur gross, sondern auch ein Stück Kinogeschichte, ein Kinodenkmal der 1960er Jahre.

Gartenbau Eingang (c) ch.dériaz

An derselben Stelle am Parkring 12 stand bereits 1919 ein Kino. Das Gartenbaukino, in seiner jetzigen Form, feierte seine Premiere – man gab Spartakus in Anwesenheit von Kirk Douglas – 1960 dann im Neubau und ist seitdem seinem Stil treu geblieben.

 

Schon im Eingangsbereich wähnt man sich in einer Zeitschleife, bunt gekachelte Wände, rot gepolsterte Sofas, eine mächtige Treppe, die in den Barbereich führt, ein langer Gang, wie in einem Stadion, um in den Saal zu kommen.

 

 

Der Saal fasst heute 736 Besucher und wirft einen noch ein Stück tiefer in den seltsamen Charme der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein.

 

 

Tarantino analog schauen (c) ch.dériaz

Das alles sind aber natürlich nur Randbemerkungen, denn das Kino bietet nicht nur moderne, digitale Abspieltechnik, sondern kann Filme sowohl in 35 mm als auch in 70 mm analog projizieren.
Monumentalfilme wie 2001: A Space Odyssey und Westside Story wurden in 70 mm gezeigt, sowie Tarantinos The H8teful Eight, in der 70 mm Roadshow-Version. Sein aktueller Film Once upon a time … in Hollywood wird in 35 mm vorgeführt.
Selbstredend laufen alle Filme in Originalversion.

Das Gartenbaukino ist nicht nur Programm-, sondern auch Premieren- und Festivalkino (Viennale und /Slashfilm), es ist DAS Kino um grosse „Schinken“ zu sehen oder wiederzusehen.

Grosse Schinken schauen (c) ch.dériaz

 

Gerade gab es, allerdings nur genau zweimal, die letzte Version von Apocalypse Now – The Final Cut zu sehen, mächtig, laut, immer noch beeindruckend und in diesem Saal perfekt in Szenen gesetzt.

 

 

Und wer für Kinofilme wirklich nichts übrig hat, kann immer noch, während der Hauptfilm läuft einfach die Bar besuchen.

#ichgehinsKino: Gartenbaukino