#FilmTipp: It must be heaven

Vom Giessen des Zitronenbaums (c) ch.dériaz
Vom Giessen des Zitronenbaums
(c) ch.dériaz

 

Wahr, warmherzig, witzig

Vom Giessen des Zitronenbaum (It must be heaven) von Elia Suleiman ist weniger ein Filmtipp als eine dringende Empfehlung.

Der Film macht schlicht glücklich.

Eine zarte Posse, ein unverstellter Blick auf den Zustand der Welt, Slapstick ohne jedes Tempo und ein Regisseur-Hauptdarsteller, der sich in symmetrischen Bildern in Szene setzt, um mit stoischem Blick die Interpretation des Gesehenen dem Zuschauer zu überlassen.
Das klingt komplizierter als es ist.
Vom Giessen des Zitronenbaums bedient sich virtuos filmischer Stil- und Handwerksmittel. Etwas untersichtige Einstellungen, die eine kindliche Perspektive suggerieren, Schnittfolgen, die Beziehungen herstellen und so dialogisches Erklären unnötig machen, Bildausschnitte, die Unerwartetes mit grosser Leichtigkeit in Komisches verwandeln.
Mit diesen starken visuellen Mitteln erzählt der palästinensische Regisseur Suleiman seinen Alltag in Nazareth, zeigt skurrile Nachbarn und begibt sich auf eine Reise nach Paris und New York. Auch dort scheint der kindliche Blick bedrohlich Situationen einzufangen, während der Schnitt dann Absurdes enthüllt. Auf der Suche nach Finanzierung durch ausländische Produzenten wird die Geschichte gleichermassen grotesk und politisch.
Unangenehm wahr: die Szene bei einem Pariser Produzenten, der, spezialisiert auf Filme aus dem arabischen Raum, dem, wie ein Schuljunge beim Direktor, sitzenden Regisseur erklärt, der Film sei nicht palästinensisch genug; sprich: Das Drehbuch entspricht nicht den Erwartungen des Westens an eine Geschichte aus dem Nahen Osten.
Dass solche Szenen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt die lange Liste der koproduzierende Länder des fertigen Films: Kanada, Frankreich, Deutschland, Qatar, Türkei…
Poetisch-versponnen Filme passen nicht ins politische Konzept, obwohl, wie dieser Film zeigt, sehr viel Politik und universell Gültiges mit den Mitteln der Komik vermittelt wird.

Am Ende des Films möchte man sofort zurück zur Kasse gehen, sich eine neue Eintrittskarte besorgen, um den Film gleich noch einmal anzuschauen.

Zurzeit ist das in Wien im Top Kino und im Le Studio möglich.

Top Kino Wien (c) ch.dériaz
Top Kino Wien (c) ch.dériaz

 

#FilmTipp: Bewegung eines nahen Bergs

Bewegung eines nahen Bergs
(c) ch.dériaz

Der Mensch neigt dazu alles in – ordentliche, kleine – Schubladen zu packen.
Auch bei Filmen.
Und während man eine Einteilung wie Kurzfilm oder Langfilm gerade noch verstehen und einsehen kann, ist die Unterscheidung von Spielfilm und Dokumentarfilm nicht immer leicht zu treffen.

Dass das gut so ist, zeigt Sebastian Brameshuber neuer Film:
Bewegung eines nahen Bergs
Seine Uraufführung feierte der Film in Paris als Dokumentarfilm bei Cinéma du Réel, wo er gleich den Grossen Preis erhielt. Bei seiner Österreich Premiere auf der Diagonale in Graz lief er in der Kategorie Spielfilm, wo dann Kameramann Klemens Hufnagel den Preis für die beste Bildgestaltung (Spielfilm) erhielt.

Formal handelt es sich recht eindeutig um einen Dokumentarfilm, auch wenn einige poetisch-mystische Aspekte eingewoben werden.
Mitten in einer desolaten steierischen Landschaft arbeitet der Nigerianische Autowrackhändler vor sich hin, alleine, einsam vielleicht. Es ist schwere, schmutzige Arbeit, ein karges Privatleben, alles in schönen, stimmungsvollen Bilder gezeigt.
Und dann Bilder, die nicht in den Moment zu passen scheinen, Töne, deren Herkunft unklar ist, und Gedanken zu einem mythologischen Berg, zum Verhältnis von Erz und Arbeit.
Es bleibt dokumentarisch, vielleicht experimentell-dokumentarisch, fast verspielt. Dieser Film braucht keine Schublade.
Man kann ihn als Dokumentar- oder als Spielfilm sehen oder einfach als das was er wohl am ehesten ist: eine künstlerische Arbeit, die sich frei von Einteilung auf der Leinwand entfaltet.
Und das ist gut.

Ab Freitag, 27. September läuft der Film im Kino Le Studio in Wien, eine gute Gelegenheit nicht nur einen spannenden Film anzuschauen, sondern auch ein weiteres, neues Wiener Programmkino zu entdecken. Zur Premiere am 27. September ist Sebastian Brameshuber angekündigt.