Kino, Kunst und Kommerz

Pardokuh will ins Kino (c) ch.dériaz
Pardokuh will ins Kino
(c) ch.dériaz

Film: Kunst und Industrie

Langsam kommt Bewegung in die pandemische Trägheit!

Nicht nur einkaufen ist wieder möglich, auch essen gehen mit Freunden und – ab Mitte Juni – werden die Kinos ihre Säle wieder dem Publikum öffnen dürfen.
Zeit wurde es ja.
Es sieht sogar langsam so aus, als ob auch Dreharbeiten wieder möglich werden. Von Konzepten beim Dreh und sogar von finanziellen Sicherheiten, bei Ausfällen,  ist die Rede.

Vielleicht war das Aufschreien vonseiten der österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden dann doch laut genug, dass sich die verantwortlichen Stellen zusammengesetzt haben; es scheint Pläne und Ideen zu geben, nach denen eine grosse Anzahl Kollegen demnächst wieder Geld verdienen könnten.
Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es da ein fundamentales Verständnisproblem gibt.

Kein Hobby

Filmschaffende sind keine verrückten Hobbybastler. Nur weil vielen die Arbeit Spass macht, qualifiziert das die Arbeit längst nicht zum Hobby oder Zeitvertreib runter.
Wenn man von Filmwirtschaft oder auch Filmindustrie spricht, ist das kein hübsches Synonym, weil man nicht zum dritten Mal Filmemacher/Filmschaffende oder Ähnliches sagen oder schreiben mag. Film ist ein Geschäft, manche verdienen daran sogar sehr viel, also wirklich viel Geld, und sehr viele verdienen damit einfach ihren Lebensunterhalt.
Das unterscheidet Menschen bei Film und Fernsehen dann nicht so sehr von allen anderen arbeitenden Leuten. Aber aus irgendwelchen unklaren Gründen hat sich das nie richtig etabliert im kollektiven Denken. Und so bleiben viele im Schatten, ihre oft prekären Arbeitsverhältnisse sind selten bis nie Thema, ist ja nur Film.

Genug von DVDs (c) ch.dériaz
Genug von DVDs
(c) ch.dériaz

Aber Film ist das, womit sich sehr viele Leute, während sie selber darauf warten, oder gewartet haben, wieder an ihre Arbeitsplätze zu gehen, die Zeit vertrieben haben und vertreiben werden. Film ist Teil der allgemeinen Freizeitkultur.

Diese Filme muss aber jemand herstellen. Drehbücher muss jemand schreiben, Regie führen, Kamera führen, schneiden, Kostüme und Masken müssen erdacht und erstellt werden, Tricks ausprobiert und umgesetzt werden etc. Wer sich eine Vorstellung machen möchte, wie viele Kollegen an einem Film gearbeitet haben, kann ja beim nächsten Kinobesuch den ganzen Abspann anschauen, oder beim Abspann im Fernsehen, selbst wenn der haarsträubend kurz ist und sehr schnell läuft, nicht wegschalten.

Eine Lobby muss her

Wir müssten also darüber reden, dass das Produkt, das die Filmindustrie herstellt, wie jedes andere Produkt auch, gekauft, also bezahlt werden muss; damit die Produzierenden ihr Leben finanzieren können, damit auch demnächst noch Filme zu sehen sind, damit der Zuschauer, also der Konsument, nicht nur Wiederholungen alter Kamellen zu sehen bekommt. Die Filmwirtschaft kann nicht unwichtiger sein als die Fussballbundesligen (der Männer), hier wäre eine starke Lobby gefragt, oder zumindest starke, interessierte und informierte Zuschauer.

(c) ch.dériaz

In den letzten zwei Monaten haben sich viele Filmfestivals im Internet abgespielt, was wichtig war und ist, sowohl für die Filmemacher als auch für die Sponsoren, und viele Filmschaffende haben in den letzten zwei Monaten Werke, ihre Werke, gratis ins Internet gestellt. Das ist schön, das hat die Künstler und die Zuschauer abgelenkt und Freude bereitet. Aber es hat womöglich auch den falschen Glauben genährt, dass es Kunst gratis gibt, dass Kunst so nebenbei entsteht und ihr Wert nichts wert ist.
Das wäre schade, sehr schade.
Wir sind ein integraler Teil der Wirtschaft und ohne das was wir kreieren wäre die Welt ganz schön farblos, die Freizeit ganz schön leer.
Jemand muss, wie in Leon Lionnis schönem Kinderbuch „Frederick die Maus“, die Farben, das Licht und die Gerüche sammeln und aufbereiten, um sie später mit allen zu teilen.
Film ist kein Luxus, Film ist lebenswichtig.

(c) d.dériaz Photo des Buchs Leon Lionni „Frederick die Maus“

2 Gedanken zu „Kino, Kunst und Kommerz“

  1. Das kann ich wörtlich auch auf andere Kunstformen übertragen: Konzert, Oper, Schauspiel etc. Und der Bildschirm bringt das, was die Essenz ist, einfach nicht herüber. In der Zeit meines Studiums habe schon eine grundsätzliche Erfahrung gemacht. Da war im Schillertheater ein wunderbarer “Sturm”, ich war immer wieder in diesem Abend. Als ich Berlin verlassen hatte, kam diese Inszenierung im Fernsehen. Ich bin zu Bekannten gegangen und habe mir das angeschaut. Und war die ganze Zeit auf der Suche: es kam einfach nichts von dem rüber, was ich in Erinnerung hatte.
    Und im Kino: wenn man die Atmosphäre nicht hat, geht es ähnlich. – – Nebenbei: wir bleiben immer bis der Abspann fertig ist: man erlebt da oft noch Überraschendes und außerdem ist es eine Verbeugung vor den vielen Beteiligten, von denen jede/r gebraucht wurde und ohne die es das Ganze nie geworden wäre. Und ja, ich habe auch Sorge, dass die Menschen, die in letzter Zeit sehr viel kostenlos hatten, sich daran gewöhnt haben könnten und meinen, dass es immer so sein solle….

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