#FilmTipp Perfect Days

 

(c) ch.dériaz

 

 

Positiv ins neue Jahr

 

18Uhr, an einem Donnerstag, und das Kino-Foyer ist gesteckt voll. Statt Einkaufswahnsinn und Geschenke-Umtausch wollen die Leute Wim Wenders aktuellen Film Perfect Days sehen.

 

Alles im Fluss

 

Der Film begeistert ab den ersten Minuten. Anfangs hauptsächlich durch die fabelhaft schönen Bilder im engen 4:3 Format, die perfekte Bildausschnitte liefern, mal an Hopper Gemälde, mal an abstrakte kubistische Bilder erinnern. Dazu kommt der flüssige Schnitt, der so gut wie immer ein Bewegungsschnitt ist, der mal die Aktion flüssig weiterführt, mal eine kleine Ellipse fliessend in Szene setzt. Ein wunderbarer Einstieg, der einen sofort für die Geschichte einnimmt, noch bevor die gesamte Strahlkraft der Figur Hirayama dazukommt.

 

Lächeln und schweigen

 

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Hirayama, ein Mann vorgerückten Alters, der die Welt, sein Leben, seine Umgebung lächelnd und schweigend hinnimmt. Aufstehen, rasieren, zur Arbeit fahren, arbeiten, in seinem Fall: öffentliche Toiletten putzen, alles hat seinen festgelegten Rhythmus, wird mit Präzision erledigt, wiederholt sich, ohne zu langweilen. Ein Sonderling in einer hektischen Welt, die man aber als solche gar nicht wahrnimmt, man weiss um sie, hat man sie doch gerade erst verlassen, um in den dunklen Kinosaal zu gehen. Auf der Leinwand ist sie weg. Lächeln, schweigen, Musik.

 

Musik als kommentierendes Element

 

Die Musik spielt, wie in vielen Wenders Filmen, eine grosse Rolle.
Wer die – ikonischen– Stücke der 60er – 80er Jahre kennt, hat einen kleinen Vorsprung, ahnt die Stimmung schon mit den ersten Takten eines neuen Stückes. Nicht nur Lou Reeds Perfect Day unterstreicht und kommentiert harmonisch die Bilder, auch Patti Smith Redondo Beach, das ein ganz junges Mädchen verzaubert, erzählt so eine ganze Geschichte jenseits der Handlung.

 

Schweigsam, nicht sprachlos

 

Kurze Momente brechen das schweigsame Leben des Protagonisten, lassen einen Hintergrund erahnen, der aber nie aufgelöst wird. Wenn er spricht, dann ist es auch wichtig, dient aber gleichzeitig der Grundhaltung, mit der er durch sein Leben geht:
Lächelnd das heute akzeptieren, schweigend den Tag geniessen, der perfekt ist, wie er ist.
Wer einen Film sehen möchte, der alles bis zu Ende erklärt, ist hier verkehrt. Wer sich an der Komposition von perfekten Bildern, fliessendem Schnitt und grosser Darstellerkunst erfreut, dem ist Perfect Days dringend ans Herz gelegt, trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Länge von 123 Minuten.

Und für alle, die Wenders Filme kennen: der epische Monolog gegen Ende findet – erfreulicherweise – nicht statt!


Preiswürdig

 

Perfect Days geht in der Kategorie Bester ausländischer Film für Japan bei den Oscars ins Rennen. Auf jeden Fall preiswürdig sind Schnitt (Toni Froschhammer), Kamera (Franz Lustig) und Hauptdarsteller (Kōji Yakusho).

Der Film läuft weiterhin im Kino, in Wien zum Beispiel im Burg Kino, Filmcasino und Votiv Kino .

 

 

 

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