#FilmTipp Asteroid City

(c) ch.dériaz

 

Wunderkinder in Pastell

 

Wenn es draussen zu heiß oder zu nass ist, wenn die Gedanken in trübes Grau versinken, dann bietet sich an, in einem Kino Zuflucht zu suchen.
Und was für ein Film wäre besser geeignet als Wes Andersons Asteroid City?
Die versponnen Welten, die man von Anderson kennt, werden hier in Pastelltönen, mit Geschichten innerhalb von Geschichten, dem bekannten Stammpersonal und Wendungen, die man nicht kommen sieht, erweitert.

 

(c) ch.dériaz
Perspektivwechsel

 

Der Film hat mehrere (Film)Realitätsebenen:
Ein fiktives Theaterstück, das ein überarbeiteter Autor gerade schreibt und ein TV-Moderator dem geneigten 50er Jahre Publikum präsentiert. Zu sehen in Schwarzweiss-Bildern und in 4:3 Format, alles auf einer dunklen Theaterbühne, einem scheinbar hermetischen Raum, der sich dann doch erweitern lässt.
Die nächste – leinwandfüllende– Ebene, ein pastellbunt-gleissender Schauplatz in der texanischen Wüste, das Stück, in Akte unterteilt, wird gespielt. Auch hier öffnet sich die Szenerie immer wieder kurz, überschreitet die Wand zum Publikum, um sich ebenso schnell und kommentarlos wieder zu schliessen. Neben den grellen Pastelltönen kopiert die Kamera eine 50er-Jahre Fernsehästhetik mit vielen seitlichen Kamerafahrten und Bildteilungen. Trotz der Weite der Landschaft ist auch hier immer etwas Beengtes zu spüren.

Vielfalt


Die Geschichte bietet hochbegabte Wunderkinder, gestörte Familienstrukturen, Ausseridische, Cowboys, die am Lagerfeuer singen, oder Schauspielerinnen auf Selbstfindung. Alles wird, frech und forsch, so lange geschüttelt und verwoben, es werden so oft die inneren Grenzen der Geschichten überschritten und verwoben, bis man als Zuschauer nur noch eines tun kann: Sich entspannt des Lebens in Pastell zu erfreuen, und auf die nächste, unerwartete, Wendung warten, gespannt und zufrieden.
Ein schöner Film für nasse oder heisse, trübe, graue oder fröhliche Sommerabende, eine Empfehlung.
Zurzeit läuft Asteroid City in mehreren Wiener Kinos:
In Originalversion zum Beispiel im Filmcasino, Votivkino oder im Haydnkino.

 

 

#FilmTipp Ninjababy

(c) ch.dériaz

 

Gefühlsvielfalt

 

Was tun, wenn man plötzlich erfährt, dass man seit sechseinhalb Monaten schwanger ist?
Das ist die Ausgangslage im norwegischen Film Ninjababy von Yngvild Sve Flikke.

Rakel, die Schwangere, ist chaotisch, liebenswert, versoffen, und hat gerne Sex, all das passt so überhaupt nicht mit Mutterschaft zusammen. Dass sie eigentlich auch zunächst nicht genau weiss, wer der mögliche Mann zum werdenden Kind ist, hilft natürlich auch nicht weiter.
Und so ist für sie auch völlig klar: Das Kind muss weg.
Hier wäre schon viel Platz, um mit widersprüchlichen Gefühlen und Möglichkeiten zu hadern, zu kämpfen, zu räsonieren.

Zeichen an der Wand

Ninjababy fügt dem aber noch die Animation hinzu. Das Ungeborene, das sich so lange gar nicht manifestiert hat, wird plötzlich sehr vorlaut und erscheint Rakel in Form des titelgebenden Ninjababys. Mal meckert es von der Zimmerwand, mal vom Schreibtisch runter, es quängelt und will diskutieren, es will mitbestimmen.
Kurz, es ist das personifizierte Gefühlschaos. Dazu kommen zu Anfang noch recht schräge Erinnerungsfetzen und Zukunftvisionen, die ins Film-Jetzt hineinkrachen, aber leider irgendwann verloren gehen.

Kitschklippen

Die Geschichte schwankt immer wieder verdächtig nah an Kitschklippen heran, spielt mit den bekannten, erwartbaren 08/15 Standardlösungen, nur um diese im letzten Moment zu umfahren. Man atmet auf.
Die Figur Rakel muss nicht gerettet werden, weder vom netten Aikidolehrer, noch vom gruseligen One-Night-Stand, der für das Kind mitverantwortlich ist.
Das macht den Film angenehm.
Dazu kommen die sehr guten Darsteller, die alle, anders als in vergleichbare amerikanischen Filmen, weder als Modell noch als Leistungssportler durchgehen würden, sie sind einfach junge Erwachsene, die irgendwie aussehen. Auch das ist dem Film hoch anzurechnen. Dass er insgesamt weniger schräg ist, als der Trailer vermuten lässt, liegt auch an der subjektiven Erwartung.

Insgesamt ein freundlicher Film, der zwischen Spass und Ernst eine angenehme Balance findet und der es zulässt, Mutterschaft nicht als das höchste Glück zu feiern.

Zurzeit noch in folgenden Kinos zu sehen:
Stadtkino oder Votivkino