Der Blog

#Diagonale 2022 Mischformen

 

 

 

(c) ch.dériaz

 

 

April ist doch noch kein Sommer

 

 

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Kalt ist es geworden über Nacht und nass. So werden dann die angenehmen Pausen zwischen zwei Vorstellungen plötzlich unangenehm lang. Kein Sitzen in der Sonne, sondern die Suche nach Innenräumen mit heissen Getränken.

 

 

 

 

 

Arbeitswelt

 

Eine Institution ist 100 Jahre alt. Constantin Wulff zeigt, wie diese funktioniert in:
Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien.
Der Film kommt komplett ohne Kommentar aus, dennoch wird fast die ganze Zeit geredet. Über die zwei Stunden Länge wird es dann irgendwann zu viel.
Die Funktion der Arbeiterkammer als einerseits Beratungs- und Unterstützungsstelle für alle arbeitsrechtlichen Belange, als auch politische Institution nach Aussen, ist nicht nur wichtig, sondern auch löblich. Aber trotz der ruhigen Kamera, trotz der netten, motivierten und vielsprachigen Mitarbeiter, man wird auf die Dauer müde, dem allen zuzuhören. Zuzuhören deshalb, weil die Bilder sich nicht so wahnsinnig verändern. Beratungen und Teambesprechungen, Pressekonferenzen und Auftritte im Parlament sehen sich irgendwann doch alle sehr ähnlich. Besonders lustig wird es, wenn mittlerweile überholte Ansichten zum Thema Pandemiedauer zu hören sind, oder mittlerweile abgesetzte Politiker einen Kurzauftritt haben. Aber gut, diese Freude war wohl nicht wirklich im Konzept des Films geplant. Der Film wirkt insgesamt mehr gut gemeint als gut, macht über seine Länge mehr Werbung für die Institution Arbeiterkammer, als man sich im Kino anschauen möchte.

 

 

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Assoziative Innenschauen

 

 

Acht Kurzfilme der Sektion Innovativ- oder auch Experimentalkino.
Die Filme umfassen von 16 mm Arbeiten bis Animation ein breites handwerkliches Spektrum.

KatharinaViktoria 2(021) von Viktoria Schmid lässt ihr Gesicht und das ihrer Schwester in 16 mm Einzelbildern drehen, alterniert sie rhythmisch, um zu sehen, zu zeigen, wie viel Ähnlichkeit zwischen beiden besteht. Kurzweilig – 1Minute – und schön und mit dem satten Projektorknattern im Rücken.

Für Under the microscope von Michaele Grill muss man den Katalogtext gelesen haben. Ohne den Text versteht man nicht, dass es sich bei den pulsierenden, wabernden Formen um Ausschnitte aus Wissenschaftsfilmen der 1920er Jahre handelt. Unterlegt ist das Ganze mit elektronischen Geräuschen.

Auf der Suche nach dem Ich, oder zumindest der inneren Stimme ist Ganaël Dumreicher in Otoportait. Er filmt zunächst sich, steil von oben, mit einer Handykamera. Man beobachtet, wie er etwas versucht zu schlucken. Einen Schlauch? Eine Kamera? Ein Mikrophon? Dann kehrt sich das Innere nach aussen, und Bilder einer Magenspiegelung, mit einer Tonkollage aus Würgen und Schlucken unterlegt. Innen, aussen, innere Stimme, Ich.
Ein bisschen gruselig, irgendwie.

Sehr schön ist In the upper room von Alexander Gratzer. Der Animationsfilm zeigt eine Generationsliebesgeschichte. Der Enkel wird erwachsen, während er sich vom geliebten Grossvater verabschieden muss. Schön, schlicht, berührend.

Und wieder rattert der Projektor von hinten für: Das Rad von Friedl vom Gröller. Kreisbewegung in Form von radschlagenden Mädchen.

Nach 7 Jahren sieht Sie möchte dass er geht, sie möchte dass er bleibt von Viki Kühn erstmals die Leinwand. Davor lag der Film in einer 80 Minuten Fassung in der Schublade, am Ende sind 13 Minuten geblieben, die assoziativ von einer Beziehung handeln.

Auch experimentelle Kurzfilme können sich sehr direkt mit pandemischen Massnahmen befassen. Zwei lustige Minuten lang zeigt Friedl vom Gröller in 2020 Zähne: beim Zahnarzt, hinter runter gezogenen Schutzmasken, in Hundeschnauzen. Zähne, die in letzter Zeit tatsächlich selten zu sehen waren.

Noch eine assoziative Reise, diesmal gerichtet an ein noch nicht geborenes Kind.
Die Welt ist an ihren Rändern Blau von Iris Blauensteiner und Christine Moderbacher, mischt Archivvideos, Babyultraschall und Selbstgedrehtes, das eigentlich ein anderer Film hätte werden sollen. Der Text gibt den disparaten Bildern einen Rahmen, macht den Gedankenfluss dadurch allgemein verständlich.

 

Multiplexen

 

Samstag Nachmittag im Multiplex. Es piept, fiept und klirrt. Das Foyer des Kinos ist voll mit Kindern an elektronischen Maschinen. Dazwischen Diagonalezuschauer und Kinozuschauer auf dem Weg zum aktuellen Blockbuster, es riecht nach Popcorn und Nachos.

 

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Liebe geht

 

Para:Dies von Elena Wolff zeigt auf witzige Art, was passiert, wenn Selbstdarstellung wichtiger ist als Treue oder Loyalität. Die Liebe zwischen zwei jungen Frauen zerlegt sich zusehend vor der Kamera für einen fiktiven Dokumentarfilm. Anfangs scheinen sie noch ganz romantisch von ihren Anfängen zu berichten, aber schon da schleichen sich böse Zwischentöne ein. Die Kamerafrau dient zusehends mehr als Reflexionsfläche, als Spiegel für die eigenen Selbstdarstellungen. Im Verlauf des Films wird sie mehr und mehr einbezogen, angesprochen, bleibt aber bis kurz vor Schluss unsichtbar und unhörbar. Als sie dann mit vor ihre Kamera tritt, sich mit ins Bild begibt, schnappen alle Fallen, die vorher von der einen oder der anderen ausgelegt wurden, auf einen Schlag zu. Treue, Loyalität, Liebe, alles egal.

 

 

Grenzen

 

Krai von Aleksey Lapin ist laut Programm ein Dokumentarfilm, dass das nicht so ganz stimmen kann, ahnt man schon nach der Kurzbeschreibung. Hier werden Grenzen ausgelotet, überschritten und umgeformt. Das Ergebnis ist originell.

Das Drehteam kommt ins kleine russische Dorf, aus dem ein Teil der Familie des Regisseurs stammt, vermeintlich, um dort einen Historienfilm zu drehen. Aber recht schnell mischen sich in das Casting mit den Dorfbewohnern auch bizarre Geschichten von verschwunden Pilzsammlern, aus dem Boden austretendem Radon, Maschinen, die nicht mehr laufen, und weitere Skurrilitäten.
Grenzen liefert auch das Bild, in schwarz-weiss und in 4:3 Format gedreht. Innerhalb dieses engeren Rahmens wird durch die Kadrierung das Bild zusätzlich begrenzt, es entstehen guckkastenhafte Räume von eigenwilliger Schönheit.
Die perfekte Szenerie für die absurde Geschichte.
Gefragt, warum der Film in der Kategorie Dokumentation läuft, liefert der Regisseur die charmante Antwort: Die Finanzierung war für einen Dokumentarfilm.
An sich wären alle diese Einteilungen in Fiktion-, Dokumentar- oder Experimentalfilm gar nicht nötig, aber das hiesse im Fall der Diagonale, das System der Preise neu zu regeln.
So wird es dieser Film vermutlich schwer haben in seiner Kategorie einen Preis zu bekommen, aber wer weiss.

 

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Das war der letzte Kinoabend, morgen werden die Preise dann vergeben, Prognose wage ich lieber nicht.

#Diagonale Apokalyptisch

 

 

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Surreal

 

Knapp nach dem Frühstück heute ein schräger, eigenwilliger Film: Wander von Rosa Friedrich.
Eine surreale Apokalypse, in der tote Fische und Vögel in fluoreszierenden Farben vom Himmel plumpsen, während vier junge Menschen zwischen tosendem Meer, Schlamm und Felsen versuchen, ihre Umgebung, ihre Welt zu begreifen.
Anfangs erweckt der Film bildliche Assoziationen an Bergmanns Das siebente Siegel oder Buñuels L’âge d’or. Die suggestive Musik, die sich mit den Naturklängen mischt, und von schrägen, vielsprachigen Dialogen abgelöst wird, ein wilder (Fehl)Farbenrausch, die erste Hälfte des Films ist wirklich sensationell. Ab der Mitte geht der Geschichte immer wieder etwas die Puste aus. Leider gab es ab der Hälfte auch technische Probleme mit der Tonwiedergabe, sodass man statt Klavier, Klarinette und Stimme so etwas wie elektronische Experimentalmusik zu hören bekam. Insgesamt ein wirklich beeindruckender Film, voller lyrischer Schönheit und wilder Phantasie.

 

 

Schatten

 

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Als noch freie Platzwahl galt, gab es dicke, amorphe Menschentrauben vor den Kinosälen, und die Zuschauer wollten so früh wie möglich rein, um ihre Lieblingsplätze zu besetzen. Jetzt werden die Plätze beim Buchen zugewiesen, mit dem Ergebnis, dass die Leute in der letzten Minuten kommen, ihre Plätze suchen, und die Vorstellungen immer leicht verspätet beginnen.
Vielleicht geht da irgendein Mittelding?

 

 

Das Kurzspielfilmprogramm ist, wie fast alle Kurzfilmprogramme, nahezu ausverkauft.
Familie und Schatten in der familiären Vergangenheit dominieren alle drei Filme.
In Absprung von Valentin Badura, angesiedelt im ländlichen steierischen Gebiet, entdeckt der Enkel, beim Ausräumen des grossväterlichen Haus, eine unklare Geschichte aus der Zeit des 2. Weltkrieges. Hat der Grossvater, als Wehrmachtsoffizier, einen Deserteur verraten? Und was ist dann mit dem passiert? Der Vater weiss es nicht, und wiegelt ab. Und der Enkel? Am Ende zieht er es vor, die unklare Geschichte zu begraben.
Jan Prazak lässt in Alles ist hin eine ältere Obdachlose und einen jungen Musiker in einer Zufalls WG aufeinander treffen. Das ungleiche Paar, das scheinbar nichts gemeinsam hat, entdeckt doch eine Verbindung. Ihre düstere Vergangenheit und seine plötzlich gar nicht so bunte Gegenwart schaffen ein Band, von dem beide profitieren.
Familiengeschichte, diesmal im dörflichen Tirol, in Zwölferleitn von Fentje Hanke. Traditionen und unausgesprochene Verletzungen aus der Vergangenheit schicken Enkel und Grossmutter in einen zunächst aussichtslosen Kampf. Aber Stück für Stück klären sich Kränkungen aus der Vergangenheit, dafür zeigt sich die traditionelle Gegenwart im Dorf als viel grösseres Problem.
Alle drei Filme sind sauber, wenn auch recht konventionell gemacht, alle drei könnten etwas kürzer sein, ohne dabei zu verlieren, unterhaltsam sind sie aber trotzdem.

 

 

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Krieg

 

Bisher waren weder das Virus noch der Krieg in der Ukraine wirklich Thema in Graz. Weder in den Filmen (die ich gesehen habe) noch in den Gesprächen am Rand.

Bei Signs of war von Juri Rechinsky&Pierre Crom ist es schwierig zu sagen, was man vor sich hat.
Der Pressephotograph Pierre Crom hat zwischen 2014 und 2015 auf der Krim und im Donezk Gebiet photographiert, und manchmal auch gedreht. Diese sehr beeindruckenden Photos sind die Basis des Films. Die zweite Ebene bildet ein Interview mit Crom, in dem er von den Situationen erzählt, in denen die Bilder entstanden sind.
Wie er überhaupt dazu kam, dort zu arbeiten, unter welchen Bedingungen er im Verlauf der Zeit und der Konflikte dort gearbeitet hat und was die Arbeit und die Bedingungen mit ihm gemacht haben.
Die Erzählung ist gleichzeitig sehr sachlich und doch persönlich und immer eloquent. Seine Bilder brauchen sich auf der grossen Leinwand nicht zu verstecken, ihre technische Qualität erlaubt Schwenks und Bewegungen innerhalb der Photos. Unterlegt ist das Ganze mit einer Tonspur aus Geräuschen, die aus den Situationen zu stammen scheinen, und mit oft bedrohlicher Musik. Das alles entspricht den Hörgewohnheiten, die man zu diesen Bildern hat. Es entspricht in seiner suggestiven Art allerdings auch einem dystopischen Kriegsdrama. Im Nachspann liest man, dass die Töne, zumindest in Teilen, aus Tonarchiven kommen.
Das alles ist, besonders Anbetracht der aktuellen politischen, kriegerischen Entwicklungen, emotional sehr aufgeladen.
Und genau da stellt sich dann auch der Frage, was dieses Werk eigentlich ist:
Eine Erinnerung? Eine Reflexion über die Arbeit als Pressephotograph?
Aber ist es auch ein (Dokumentar)Film?
Die Aussagen, Erinnerungen und das Entstehen der Bilder sind so weit über den Zweifel an der Redlichkeit erhaben, und sie sind zweifelsohne extrem interessant. Aber es bleibt die Frage, ob ein Film ein Dokumentarfilm ist, wenn er in wesentlichen Teilen aus Photos, (Archiv-) Geräuschen und Musik besteht.

 

Viren

 

Nach Krieg dann also doch noch ein Film, in dem es um die Pandemie geht, aber nicht nur.
Der stille Sturm von Cristina Yurena Zerr fängt mit dem ersten Lockdown an. Eigentlich wollte sie mit ihrem Freund nur das Osterwochenende bei dessen Familie in einem 700 Seelen Dorf im Burgenland verbringen, der Lockdown bewegt das Paar dazu, lieber im Familienhaus mit Garten zu bleiben als nach Wien zurückzufahren. Aus dem Wochenendausflug werden zwei Monate, verbracht mit drei Generationen der Familie in einem Haus. Sehr früh im Film spürt man, dass die 94-jährige Grossmutter echte Starqualitäten hat. Und so kommt es immer wieder zu sehr intimen, schönen und lustigen Momenten mit der sehr wachen Oma. Ab der Hälfte etwa öffnet sich die Geschichte etwas mehr, die Pandemie ist immer noch nicht vorbei, es folgt Lockdown auf Lockdown, und immer wieder – kurze – Besuche im Burgenland. So entsteht ein buntes, schönes Panorama einer beeindruckenden Familie, aber auch ein persönliches Stück über Leben und Sterben, soziales Engagement und entspanntes Miteinander. Ein sehr schönes, rundes Erstlingswerk.

 

 

Das beliebte Popcorn sorgt übrigens nicht nur für Maskentragepause, sondern auch für ordentliche Ferkelei im Kino.

#Diagonale 2022 Halbzeit

 

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Popcorn

 

Das Multiplexkino Annenhof ist dieses Jahr wieder gleichzeitig als Festivalkino und als „Popcornkino“ in Gebrauch. So treffen verschiedenste Kinofans im Foyer aufeinander, und nicht nur die regulären Besucher tragen riesige Popcorntüten vor sich her. Diese Tüten, respektive ihr Inhalt, scheinen eine der besten Lösungen dazustellen, die Maskenpflicht im Saal zu umgehen, auch wenn es eigentlich heisst: um zu essen/trinken kann die Maske kurz abgenommen werden.
Aber wer definiert kurz?

 

Geduld

 

Geduld ist wohl für alle Dokumentarfilmer essenziell, Fridolin Schönwiese hat für seinen Film It works II davon eine Extraportion gebraucht.
24 Jahre nachdem er in einem Kurzfilm 4 behinderte Kinder portraitiert hat, hat er drei von ihnen wieder getroffen, um mit ihnen diesen Langfilm zu machen.
Aus den Kindern sind Erwachsene geworden, mit eigenen Leben, selbstbestimmt, und keineswegs bereit sich „mal eben“ drehen zu lassen.
So hat die Produktion dieses Films 6 Jahre in Anspruch genommen.
Das Ergebnis ist jede Geduldsprobe wert.
Hervorzuheben ist die tolle Bildgestaltung, mit Bildern, die häufig extrem nah sind, ohne zu belästigen. Für Vieles, das in den Protagonisten vorgeht, braucht es eine visuelle Übersetzung, die den Protagonisten und ihren Eigenheiten und Reflexionen gerecht wird und nicht einfach 1:1 eine beliebige Situation abfilmt. Und immer wurden Bilder gefunden,
all das greift fabelhaft ineinander und unterstützt die Geschichte. Auch als Zuschauer braucht man allerdings den Mut, sich einen langen und auch langsamen Film anzuschauen, genau zu schauen, genau hinzuhören. Die Belohnung bleibt nicht aus. Man sieht einen Film, der ohne Pathos nahe geht.

 

 

Fleiss

 

Kunst ist harte Arbeit, egal ob hinter der Kamera oder auf der Bühne.
Just be there von Caspar Pfaundler zeigt das deutlich. Zwei Tanzkompanien, eine in Wien, eine in Taiwan, werden bei ihren Proben gedreht. Lange Einstellungen dominieren, die Kamera oft ganz sanft beweglich, geduldig schauend, aber fast immer auf Abstand von den Probenden. Während in Wien zwei Tänzer ein klassisches Stück proben, ist die Gruppe in Taiwan dem Contemporary Ballet zuzurechnen. Unterschiede, die sich in den Proben nach kurzer Zeit deutlich zeigen. In Wien begreift man den Aspekt der Probe als harte Vorarbeit für den Auftritt in der Staatsoper, während in Taiwan die Proben mehr wie hartes, sportliches Training aussehen. Was gleich bleibt, die Härte, der die Körper ausgesetzt sind, die Suche nach Perfektion, die Wiederholungen. Tanz und Ballett abseits des Glamours und der Show, ein schönes Stück Filmarbeit. Und zumindest bewegungsfreudige Menschen fangen nach kurzer Zeit an, sich mitbewegen zu wollen.

 

Bilder von Caspar Pfaundler
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Melodram

 

Die erste Vorstellung, bei der Zuschauer Wartemarken brauchen, und der grosse Saal total ausverkauft ist: die Uraufführung von Märzgrund von Adrian Goiginger.

 

 

Der Film ist ein Paradebeispiel dafür, dass, selbst wenn viele Einzelteile super sind, das Gesamtresultat dem nicht unbedingt folgt.
Die Geschichte vom jugendlichen Tiroler Bauernsohn, der nicht will, was sein Vater, seine Umgebung von ihm erwarten. Zu sensibel, zu anders, zu fremd fühlt er sich. Das alles ist sehr gut gespielt, von allen Darstellern. Die Berglandschaft, in die er erst verbannt wird, und in die er sich dann 40 Jahre lang freiwillig verzieht, allein mit sich und der Natur, ist toll anzuschauen. Aber der immer wieder bemühte Reflex, Emotionen vor Bergpanorama mit geigenschwerer Musik zuzuschütten, ist schauderhaft.
Auf Basis eines Theaterstücks von Felix Mitterer bleibt der Film aber ein kitschiges Alpenmelodram.

 

Johannes Krisch vor dem Kino
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Frauengeschichte

 

Auch zur Uraufführung von Sabine Derflingers Film Alice Schwarzer drängeln sich mehr Menschen, als im Saal Platz finden, das ist für einen Dokumentarfilm, der um 21 Uhr an einem lauen Abend läuft, wirklich eindrucksvoll.
Ihr Portrait der streitbaren, sprachgewandten und manchmal umstrittenen Alice Schwarzer ist extrem genau recherchiert. Als Journalistin und Vorkämpferin der Frauenbewegung gibt es massenhaft spannendes Archivmaterial, das immer in Beziehung gestellt wird zu Gesprächen mit Schwarzer heute und mit einer ganzen Reihe früherer Weggefährtinnen und Weggefährten. Es entsteht ein sehr dichtes – privates und öffentliches – Bild einer Frau, die wie wenige sonst so viele Jahre prägend in der Frauenbewegung war und immer noch ist. Wer mit ihr aufgewachsen ist, sieht ein Stück der eigenen Geschichte auf der Leinwand, und wer sie nicht kennt, hat hier die Chance sich ein Bild zu machen.
Eine sehr starke Arbeit, die 136 Minuten lang interessant bleibt.

 

 

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#Diagonale 2022 Viel Schwarz-Weiss

 

 

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Der Anfang

 

Wie bei vielen Festivals ist mittlerweile nicht nur die Reservierung online zu machen, sondern auch die Tickets bleiben virtuell. Im Prinzip funktioniert das ganz gut, bloss  die online Platzauswahl ohne Saalplan gestaltet sich etwas schwierig.
Welche Reihe ist wo?
Welcher Sitzplatz ist am Rand zum Gang, welcher am Rand zur Wand?
Etwas lästig auch, dass die Tickets jeweils ab eine Stunde vor der Vorstellung nochmal bestätigt werden müssen. Aber das wird sich in den kommenden Tagen schon noch einspielen. Dafür ist zwischen den Vorstellungen wirklich viel Luft, Zeit also durch das frühjahrblau strahlende Graz zu spazieren.

 

 

Konzeptuell Asynchron

 

Das erste Programm. Kurzdokumentarfilme.
Eine sehr gute Wahl, wie sich zeigt.
Die 4 Kurzfilme arbeiten alle mit einer gewissen Form von dramaturgischer Asynchronität, das ergibt vier völlig unterschiedliche, fordernde und spannende Filme.

In Sekundenarbeit von Christiana Perschon entsteht die Spannung nicht nur durch den Wechsel von schwarzer Leinwand mit Interviewton zu stummen Bildern, sondern auch aus der Auseinandersetzung zweier Künstlerinnen. Perschon portraitiert die 95-jährige Malerin Lieselott Beschorner, die ihrerseits das Handwerk der Regisseurin betrachtet. Gedreht wurde mit einer Bolex mit Handaufzug, es entstanden wunderbare schwarz-weiss Bilder, manche fast abstrakt, dann einfach nur ruhig, beobachtend.

Ebenfalls schwarz-weiss und ebenfalls auf 16 mm Film gedreht ist Einblick von Emma Braun. Auch hier sind Bild- und Tonebene eigenständig. Eine Studie über Stille, die Stadt am frühen Morgen und eine junge Frau in einem eher ungewöhnlichen Beruf. Die Handgriffe und Bewegungen der Schornsteinfegerin Sophie, präzise, unaufgeregt und dazu ihre Erfahrungen und Gedanken, die auch von unangenehmen Situationen im Job erzählen. Wunderschöne, stimmungsvolle Bilder und ein interessanter Einblick.

There was no on here before von Antonio Mérida erscheint plötzlich sehr bunt gegen die beiden ersten Filme. Die Asynchronität hier ist im unterschiedlichen Herangehen an den Film(dreh) selbst. Auf der einen Seite die junge Schauspielstudentin, die eigentlich einen Spielfilm möchte, auf der anderen Seite der Regisseur, der einen Dokumentarfilm machen will. Was am Ende entsteht, ist ein eigenwilliger Kompromiss aus dokumentarisch-inszenierten Gesprächen und Gedanken. Eine Art Liebesgeschichte der Kamera mit dem schönen Frauengesicht und das Tauziehen zweier künstlerischer Ansätze.

Radikal reduziert ist Zumindest bin ich draußen gewesen von Jan Soldat.
Bilder von Büschen, Bäumen, Gräsern, menschenleer, darübergelegt Chatnachrichten aus einem Schwulen Datingnetzwerk. Auch hier laufen die Wünsche von Regie und potenziellen Protagonisten auseinander, niemand will sich an diesem Tag vor die Kamera stellen, und so bleiben nur die kurzen Chats, und die leeren Büsche.

 

 

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Auswandern

 

Mit den langen Pausen zwischen den Filmen ist tatsächlich auch Essen möglich. Eine neue Erfahrung bei einem Festival.
Ausgeruht also in den nächsten Dokumentarfilm, Good life deal von Samira Ghahremani. Ein Wiener, Ende 40, Frührentner, wandert nach Thailand aus. Der Plan ist, dort seine Freundin, ebenfalls Ende 40, resolut, robust, geschäftstüchtig, zu heiraten. An sich klingt das schon, als könnte das nicht gut ausgehen. Geht es dann auch nicht. Hauptprotagonist des Films ist der Wiener Gerhard, ihm folgt die Kamera, die Geschichte, sachlich und auch etwas distanziert. Der Film hat immer wieder fast komische Momente, und sehr viele Passagen, wo beide, Gerhard und Amy, so unsympathisch sind, dass man keine Partei ergreifen mag und der Ausgang dieses Abenteuers irgendwie egal ist. Aufgrund der Sachlichkeit des Films, ist dieses vermeintliche Manko aber durchaus angenehm.

 

 

Auf See

 

Schiffe auf dem Mittelmeer, sie sind Arbeitsplatz, Urlaubsort oder Sozialprojekt, sie sind völlig unterschiedlich, und zunächst eint sie nur der gemeinsame Ort, das Mittelmeer. Jola Wieczorek verwebt diese ungleichen Schauplätze in Stories from the sea zu einer wunderbaren Einheit. Anfangs bekommen die Schiffe und ihre Protagonistinnen jeweils viel Raum zum Kennenlernen. Zuerst das Frachtschiff und die Auszubildene Jessica. Das Brummen der Maschine, die einzelnen Handgriffe, egal ob kräftezehrend an Tauen oder eher mathematisch beim Berechnen der Route, die Kamera liefert faszinierende Einblicke. Der Wechsel auf das Kreuzfahrtschiff zu Amparo, einer Witwe, erfolgt ganz organisch, man gleitet von einem Schiff zum nächsten. Von harter Arbeit zu Prunk und Luxus und ständiger Bespassung. Und doch bleibt man spürbar auf dem Meer. Dann wieder ein Wechsel, diesmal auf zwei Segelschiffe, auf denen zusammengewürfelte Menschen 10 Tage gemeinsam segelnd versuchen auch einen neuen Blick auf ihre Umgebung zu bekommen. Im Verlauf des Films werden die Wechsel von einem Schiff aufs andere schneller, bleiben aber immer im Fluss und verbinden oft Ähnliches. Man ist fast sicher, dass die Schiffe sich bald schon treffen werden.
Die schwarz-weiss Bilder sind eine zusätzliche einende Ebene, die von der Schnittdramaturgie exzellent herausgearbeitet wird. Ein ganz ruhiger, sehr schöner Film.

 

 

Aussteigen

 

Maria Petschnig erzählt in Uncomfartably Comfortable von Marc, einem New Yorker Obdachlosen. Am Anfang des Films lebt er noch in seinem Jeep, später dann ganz auf der Strasse. Seine Obdachlosigkeit, wie er beteuert, selbstgewählt.
Auch in diesem Film ist die Interview/Dialog-Ebene von der Bildebene unabhängig, das ist prinzipiell eine gute Sache, funktioniert hier aber nur teilweise. Das Problem sind recht wahllos eingefügte kurze Stücke Schwarz. Mal in einer Einstellung, mal zwischen zwei Einstellungsgrössen ein und derselben Handlung, manchmal als eine Art Trenner zwischen Bildern, die inhaltlich nah genug sind, zusammenzubleiben, und unterschiedlich genug, um sie direkt aneinander zu schneiden. Es findet sich weder ein Rhythmus, der das Schwarz rechtfertigt, noch eine inhaltliche Logik. Da aber sehr oft der Interviewton weitergeht, weiterhin einem Gedanken folgt, unterbrechen diese Momente auf unangenehme Weise das Zuhören, das Begreifen des Erzählten, und das ist wirklich sehr schade.

 

 

 

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Maskerade

 

Anders als bei manchen Festivals, wo pingeligst darauf geachtet wurde, dass alle im Saal Masken nicht nur tragen, sondern auch korrekt tragen, scheint das in Graz eher unter optional zu laufen. Trotzdem, die meisten Zuschauer tragen Maske.

Was bislang gar nicht kontrolliert wurde, sind irgendwelche G-Nachweise.
Mag aber daran liegen, dass in jedem Bundesland die Regeln anders sind.

#Diagonale 2022 Eröffnung

 

 

Graz trägt Streifen
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Graz trägt wieder Streifen

 

 

Zum 25. Mal findet ab heute die Diagonale in Graz statt.
Das sind 25 Jahre österreichisches Filmschaffen, das in dieser Zeit, auch international, gewachsen ist.
Nach einem Jahr Ausfall und einem Jahr, in dem sie verschoben wurde, findet die Diagonale also dieses Jahr wieder wie gehabt kurz vor Ostern statt.
Eine knappe Woche lang treffen sich Filmschaffende im freundlichen Graz, es wird gezeigt und geschaut, vorgestellt, verglichen oder einfach nur der Film gefeiert.

 

 

Eröffnung

 

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Wie in den Vorjahren findet die Eröffnung in der grossen Helmut-List-Halle statt, natürlich mit allen aktuellen Pandemiemassnahmen, also 3G und Maske während der Veranstaltung.
Der Saal ist dafür voll, also wirklich richtig voll.

 

 

 

Mit etwas Verspätung beginnt dann ein langer Abend.
Peter Schernhuber, nach überstandener Corona Erkrankung wieder an der Seite seines Mit-Intendanten Sebastian Höglinger, und wieder in geübter und bewährter Doppelconference.
Sie sind politisch, ohne dabei zu dozieren, ein gar nicht so einfaches Unterfangen angesichts der vielen Krisen, Kriege und Katastrophen, die derzeit herrschen.
Sie fordern (Film)Kunst, die politisch, aber ohne Propaganda sein soll,
Filme (und Kunst), die Türen, oder auch Augen, öffnen, und Neues zeigen, eventuell auch neue Wege.

 

 

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Neues österreichisches Kino

 

Mit Sonne, dem Spielfilmdebüt von Kurdwin Ayub, eröffnet eine Regisseurin, die für das ganz neue österreichische Filmschaffen steht.
Neu und dann auch wieder nicht, denn die Geschichte handelt vom Erwachsenwerden, von Zugehörigkeit und Identität, von Eifersüchteleien zwischen Freundinnen, zwischen Geschwistern und Reibereien mit den Eltern.
Neu ist dabei die unbekümmerte Frechheit, mit der Ayub sowohl Bildstile als auch Erzählstränge behandelt.
Visuell wechselt der Film zwischen den Handyvideos der Jugendlichen – hochkant, querformatig, verwackelt oder gefiltert – und einer ebenfalls oft unruhigen, aber präzise beobachtenden Kamera. Man braucht einen Moment, um sich in die Bilderwelt einzufinden, dann aber ist das schon reizvoll.
Das Nervöse, das dabei entsteht, spiegelt die wechselnden Emotionen und Krisen der Protagonisten wider. Wenn der Film Stereotype nutzt, dann nur, um sie gleich darauf in etwas Unerwartetes, eben nicht stereotypisches, umzulenken.
Der Film bietet weder einfache noch belehrende Lösungen, er lässt offen, wie die Geschichte, die Identitätssuche, das Erwachsenwerden sich entwickeln werden.
Wirft der Film die Zuschauer am Anfang gleich mitten rein ins pralle Teenager-Filmleben, schmeisst er das Publikum am Ende auch einfach wieder raus, aus dieser Welt.
Das ist schön so.

 

Feste feiern

 

Nach einem langen Eröffnungsabend dann die Eröffnungsparty, mit Getränken und steierischen Spezialitäten und: vielen Menschen auf einen Haufen.
Das bleibt weiterhin extrem gewöhnungsbedürftig.

 

Auch Nachts gestreift
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#KunstTipp Daumenkino

 

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Archaische Filmkunst

 

Was ist Film?
Bilder und Bewegung in der Zeit.
Egal ob mit 18, 24, 25 oder 30 Einzelbildern pro Sekunde. Bewegung wird erst zerlegt und dann durch Abspielen wieder zusammengesetzt, den Rest erledigt unser Hirn.
Nichts anders macht das Daumenkino.

 

Und Geschichten?

 

Ja, Film ist auch das Erzählen von Geschichten, im erweiterten Sinn. Egal ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Industrie- oder Werbefilm, egal ob stumm oder mit Sprache, richtig gut ist es erst, wenn im Zuschauer eine Geschichte entsteht. Dafür braucht man vor allem eines: Phantasie; auf beiden Seiten der Leinwand.

So kann es leicht passieren, dass die von mir viel gescholtenen „Hörfilme“, in denen ausser redenden Köpfen kein visueller Stimulus geboten wird, als Film durchfallen, während ein Daumenkino, aus 36 Einzelbildern, eine so dichte Geschichte erzählt, die sprachlos macht und begeistert.

 

Der Künstler

 

Wer macht also solche Kleinodien der archaischen Filmkunst?
Photograph, Kameramann, Regisseur und Geschichtenerzähler Volker Gerling.
Zu Fuss unterwegs, mit Bauchladen und Kamera, lässt er sich von Augenblicken inspirieren, bevor er zur Kamera greift und einige dieser Momente in eben 36 Einzelbildern festhält.
Selbst wenn man nur so ein Daumenkino anschauen würde, wäre das schon ein Moment der Freude. Noch schöner wird es aber, wenn Volker Gerling mit seinen Werken auf Tour geht.

Auf der Bühne bekommt das Daumenkino eine weitere Filmdimension, die aufgeblätterten Büchlein werden von einer fest montierten Kamera abgefilmt und auf eine Leinwand projiziert.
Kino also.
Dazu kommt noch die Geschichte, das Drumherum, das Entstehen der Sequenz, und das so charmant und gekonnt, dass alleine das den Abend wert ist.

 

 

Der Tipp

 

Jetzt gibt es von 6. April bis 16. Juli die Möglichkeit diese schönen Arbeiten im Rahmen der Ausstellung Portraits in Motion in Innsbruck zu sehen.

Volker Gerling wird Anfang April anwesend sein.

#Diagonale Vorschau

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Ins Kino – trotzdem

 

In 10 Tagen wird in Graz die 25. Ausgabe der Diagonale mit Kurdwin Ayubs Spielfilm Sonne eröffnet. Der Film hatte in Berlin seine Uraufführung und gewann dort prompt den Preis für das beste Debüt.

 

Blöde Viren

 

 

Intendant Sebastian Höglinger
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Vor der Eröffnung aber die Programmpräsentation, die, anders als sonst, nicht in Doppelconference der beiden Intendanten stattfand, sondern als Soloauftritt Sebastian Höglingers. Peter Schernhuber befindet sich unterdessen in Quarantäne, danke Pandemie! Und er ist nicht der einzige im Team, der virusbedingt zu Hause war.

 

Pandemiemassnahmen

 

Wie letztes Jahr schon, wird auch in diesem Jahr das Programm entzerrt, es ist mehr Zeit zwischen den einzelnen Vorstellungen, so werden Menschenaufläufe – hoffentlich – vermieden. In den Kinos wird selbstverständlich Maskenpflicht gelten und reserviert wird ein festgelegter Sitzplatz, was das Gerangel um vermeintlich beste Plätze verhindert.

 

 

Flucht ins Kino

 

Im Kino sollte man also sicher sein, oder zumindest: so sicher wie möglich.

 

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Auch in diesem Jahr wird es mehr (lange) Dokumentarfilme als (lange) Spielfilme zu sehen geben. 16 Spiel- zu 20 Dokumentarfilme, darunter der neueste Spielfilm von Ulrich Seidl Rimini, oder die Dokumentarfilme von Constantin Wulff: Für die Vielen – Die Arbeiterkammer Wien oder Caspar Pfaundlers Just be there und Fridolin Schönwieses It works II.

 

 

Der Programmpunkt Rausch bietet ein breites Filmspektrum an Rauschhaftem im Film. Und das historische Special Come and Shoot in Thaliwood beleuchtet das Filmschaffen in der Steiermark.


Es wird spannend und bunt in Graz,
trotz allem.

#FilmTipp COW

 

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Mittendrin in der Herde

 

Die Welt trudelt gerade Richtung Abgrund, warum also sollte man sich einen Dokumentarfilm über das harte Arbeitsleben einer Milchkuh anschauen?

94 Minuten lang befindet sich der Zuschauer in Andrea Arnolds Dokumentarfilm Cow  mitten in einer Herde britischer Milchkühen – ohne erklärenden Kommentar, ohne emotionalisierende Musik, einfach nur die Kühe.

 

Geburt

 

Gleich in der ersten Szene gebiert die Kuh, der man von nun an als Person folgen wird, ein Kalb. Das ist, wie fast alle Geburten, berührend. Allerdings wird sie, die Kuh mit der 29 auf dem Hintern, noch bevor die Nachgeburt draussen ist, schon zum Melken geführt. Soviel zu sanfter Geburt und frühkindlicher Bindung.

 

Kamera

 

Die ganz grosse Stärke des Films ist die Kameraführung von Magda Kowalczyk.
Sie ist fast ständig auf Augenhöhe der Tiere, leicht und beweglich und immer mitten im Geschehen, sodass man sich schnell als Teil der Herde fühlt.
Diese Nähe und Direktheit macht den Arbeitsalltag greifbar und zeigt auf unmittelbare und erschreckende Art, wie Ausbeutung für unsere menschliche Lebensweise funktioniert. Und dabei sind die Kühe in diesem Betrieb wahrscheinlich noch relativ gut dran. Sie haben Bewegung, sie dürfen auf Weiden, sie werden zu Klängen von Popmusik gemolken.
Trotzdem ist schnell klar, sie sind nichts anderes als Arbeitssklaven, ausgebeutet und weggeworfen, wenn sie nicht mehr rentabel sind.

 

Feuerwerk

 

Eine einzige Szene dämpft kurz die Freude über diesen starken Film: Wenn in dem Moment, wo der Stier „unsere“ Kuh besteigt, auf ein Feuerwerk geschnitten wird. Das ist im besten Fall albern. Aber hauptsächlich komplett unnötig und es zerstört für einen Moment den Fluss und die Perspektive.
Am Schluss des Films fragt man sich schon, ob ein Leben als Veganer nicht vielleicht doch eine gute Idee wäre.

 

 

Pardokuh schaut Cow
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Der Film läuft zurzeit in Wien noch im Stadtkino.

Wer keine Lust auf Kühe hat, dem sei im Stadtkino Aheds Knie ans Herz gelegt.

 

57.Solothurner Filmtage Preise

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Durften wir das?

War es jetzt eine gute Idee, die Solothurner Filmtage in Präsenz zu veranstalten? Vermutlich ja.
Es war schön eine ganze Woche Filme mit anderen Menschen in Kinos zu sehen, die Regisseure und Regisseurinnen zu sehen und zu hören, Applaus, kollektives Lachen oder Aufstöhnen zu teilen. Es war aber auch, nach zwei Jahren, in denen wir ständig ermahnt wurden, uns von anderen fernzuhalten, sehr gewöhnungsbedürftig, Schulter an Schulter mit fremden Menschen zusammenzusitzen.

Ist es gut gegangen?
Vermutlich.
Genau
wird sich das wahrscheinlich erst noch zeigen.
Die Stimmung insgesamt war auf jeden Fall gut, trotz Masken, trotz Testnachweis.

 

 

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Die Preise

 

Den Hauptpreis, den Prix de Soleure gewann Wet Sand von Elene Naveriani.
Das ist eine wirklich gute Wahl, der Film hat eine gute Geschichte, tolle Bilder und vermittelte eine schwebende Stimmung.

Den Preis für den besten Erstlingsfilm gab es für Pas de deux von Elie Aufseesser.
Auch das geht so weit in Ordnung, die manchmal noch etwas ungelenke Form darf bei einem ersten Langfilm durchaus sein.

Der Publikumspreis geht an Presque von Bernard Campan und Alexandre Jollien, den ich leider nicht gesehen habe.

 

 

 

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Nächstes Jahr im Januar also die 58. Solothurner Filmtage, und, man wird wohl träumen dürfen, dann hoffentlich massnahmenfrei. 

57.Solothurner Filmtage noch mehr

 

 

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Kurz vor Schluss

 

Nebelig beginnt der Dienstag in Solothurn.
Und nur noch drei Kinovorstellungen bis zur Rückreise.
Irgendwie ist eine Woche dann doch schnell vorbei.

 

Rechenspiele

 

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Was man jetzt schon sagen kann, das Schweizer Filmschaffen hat weiterhin mehr Dokumentarfilme zu bieten, als Spielfilme. Von den acht für den Prix de Soleure nominierten Filme, sind nur zwei Spielfilme. Das gleiche Verhältnis gilt für die Sektion Opera Prima, 6:2. Einzig in der Rubrik Publikumspreis kommen fünf Spielfilme auf drei Dokumentarfilme. Bei den ausgewählten Filmen ist Verhältnis Regisseure zu Regisseurinnen, wie seit einigen Jahren bereits, ausgewogen. Im Gesamtprogramm laufen doppelt so viele Dokumentarfilme wie Spielfilme.
Soweit die Statistik.

 

Esoterisch

 

Lila Ribis Film (Im)mortels ist eine Suche nach Antworten, oder DER Antwort, nämlich auf die Frage: Was kommt nach dem Tod? Die Regisseurin hat jahrelang ihre alte Grossmutter gefilmt, und sie auch immer wieder gefragt, was sie glaubt, was nach dem Tod kommt. Die alte Dame, schon zu Anfang des Drehs über 90, bleibt dabei immer klar, pragmatisch und etwas grimmig in ihrer Antwort: nach dem Tod ist nichts. Ihre Enkelin sucht Antworten auch von anderer Seite, von Neurologen, Palliativmedizinern, aber auch diversen ziemlich esoterischen Personen. Sie will glauben oder eher– sich – beweisen, dass da etwas ist, eine Kraft, eine Hoffnung, eine Zukunft jenseits der Zukunft. Diese Suche ist gleichzeitig Stärke und Schwäche des Films, Ribi sucht nicht „ergebnisoffen“. Und so bleiben nur die sehr schönen und bewegenden Gespräche und Situationen mit der Grossmutter, um den Film zu erden. Dadurch erscheint der Film dann irgendwann länger, als es seine 88 Minuten. Durch die sehr persönliche Note kam der Film beim Publikum aber sehr gut an.

 

Roter Teppich für die Desinfektion (c) ch.dériaz

 

Düster

 

Yaban von Tareq Daoud ist eine ganz düstere Geschichte. Erzählt in Schleifen, die zeitlich vorwärts und rückwärts gehen, lässt der Film offen, wann welche Ereignisse tatsächlich stattfinden. Die Stimmung ist aufgeladen mit Wahn, Lügen und Geheimnissen, die nie ganz geklärt werden. Und am Ende sind nicht mehr alle handelnden Personen am Leben. Sehr eigenwillig, nicht uninteressant und etwas wirr.

 

 

 

Komödie ist schwer

 

 

Lost in Paradise von Fiona Ziegler will eine Komödie sein, ein bisschen romantisch, ein bisschen Familienstreit, ein bisschen Sozialkritik. Im Endeffekt gelingt hauptsächlich ein toller und dynamischer Einstieg und eine durchweg sehr gute Kameraarbeit. Ansonsten reiht der Film Klischee an Klischee, wartet mit altbackenen Frauenfiguren auf und ist nicht mal lustig.
Als Vorfilm Dans la nature von Marcel Barelli , eine kindgerechte Animation, die zeigt, dass alle Formen der Partnerschaft, von hetero-über homo bis polysexuell in der Tierwelt vorkommen. Das ist kurzweilig und niedlich.

 

 

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Der „Wow-Effekt“ ist irgendwie ausgeblieben, bleibt zu sehen, was die Jurys entscheiden. Die Preise werden Mittwoch Abend bekannt gegeben.